Pilgern unter einem Hut - Unterwegs mit Sandra
Zubringer Münchner Jakobsweg von Freising
Etappe 3 : Vom Dachau nach Olching - 13,2 km
Heute geht es nach einer flinken Stadtbesichtung von Dachau nach Olching größtenteils wieder entlang der Amper. Die Strecke ist flach, die Landschaft unspektakulär. Highlight des Tages ist ein seltsam anmutendes Schild in Olching.
Wetterlage: trocken, warm, bedeckt. Das kann ja heiter werden
20. August 2021
Kurz Umschauen in der historischen Altstadt von Dachau
Heute bricht eine neue Ära für den Stoff meiner im Aufbau befindlichen Pilgerlegenden an. Ich werde erstmals (und wahrscheinlich auch nur einmalig) von meinem Teenager-Sohn begleitet, der sich tatsächlich aufraffen konnte an einem Ferientag seine Queen Mum auf eine in seinen Augen "lahme" Wanderung zu begleiten. Wobei sich lahm wahrscheinlich sowohl auf mein Tempo als auch auf die fehlenden Berge samt spektakulärer Aussichten bezieht.
In meinen Augen ist eine "lahme" Wanderung mit mir aber immer noch besser, als zu Hause im sonnengeschützten Dachverlies zu chillen, und die beste Gelegenheit seinen vampirgleichen Vitamin D Haushalt in Ordnung zu bringen.
Die malerische Altstadt von Dachau mit ihrer 1200-jährigen Geschichte ist heute unser Startpunkt und bietet direkt zu Beginn des Tages einen willkommenen Anlass auch unseren geistigen Horizont zu erweitern. Wir stehen vor dem lachsrot gewandeten Rathaus, vor dessen Eingang genügsam der König-Ludwig- Brunnen plätschert. Die Mittelsäule zieren Figuren von Bäuerinnen und Bauern in Dachauer Tracht.
Ok, das mit den Figuren hab ich gegoogelt.
Welcher Touri hat was zu verzollen?
Ein Eyecatcher, an den Vorplatz des Rathauses angrenzend, ist ein in gelb blau-weiß auffällig restauriertes Schmuckstückchen. Das Zollhäusl am Karlsberg. Sogar an die Schranke haben sie gedacht.
Hier wurde in früheren Zeiten die Zufahrt in den Markt Dachau geregelt. Wer in die Stadt wollte um Handel zu treiben, musste hier noch bis in das Jahr 1926 Wegzoll entrichten.
Heute beherbergt das Gebäude eine Anlaufstelle für Touristen. Im linken Fenster prangt ein fettes Informations- i. Hier will definitiv niemand mehr Wegzoll kassieren, sondern großzügig Wissen an den durchschnittlichen Dachauer Sightseher weitergeben. Leider hängt im Moment meines geplanten Einritts ein vielversprechendes Schild "komme gleich wieder" an der verschlossenen Tür. Nachdem das Wort "gleich" nun schon seit Generationen ein relativ dehnbarer Begriff ist, und gerade Mütter ihm mit leicht traumatischen Erfahrungen begegnen können, nehme ich mein Glück lieber "gleich" selbst in die Hand und lasse es auf einen Versuch im Haus gegenüber ankommen, welches ebenfalls eine Touristeninformation beherbergt.
Ich bin hocherfreut, dass ich dort tatsächlich einen Stempel für meinen Pilgerpass abstauben kann. Dem Benehmen der Dame hinter dem Tresen nach zu urteilen, hat länger niemand mehr danach verlangt. Sie erkundigt sich begeistert nach meinen Plänen und wünscht alles Gute.
Sie erklärt auch, dass an besonderen, das Stadtbild prägenden Gebäuden, informative Häusertafeln angebracht sind, wir sollten uns, wenn wir Zeit hätten noch ein wenig umsehen. Ich bin kurz irritiert und muss hinter meiner Maske grinsen, weil ich sofort an "komme gleich wieder" denken muss, bis ich diesen blöden Gedanken wieder verbannt habe.
Als auf ich die Straße zurückkomme, erkenne ich sofort, dass das Schild gegenüber weg ist, die Tür nun geöffnet. Mein Sohn sagt: "Siehste! Sei doch nicht immer direkt so ungeduldig".
Ich rolle innerlich mit den Augen. Ich sage - Nichts. Kann ja nicht zugeben, dass er Recht hat.
Wir folgen dem Rat der Frau und sehen uns noch etwas um, bevor es hinunter Richtung Amper geht.
Im selben Farbton wie das Rathaus präsentiert sich auch das Bezirksmuseum. Es zeigt im historischen Gebäude des Kastenamts mehr als 2000 Gegenstände zur Kulturgeschichte und Volkskunde Dachaus und seines Umlands.
Dann noch ein Foto von der Pfarrkirche St. Jakob, die mit ihrem 44 Meter hohen, achteckigen Turm weithin sichtbar die Dachauer Altstadt überragt. Damit reicht es uns jetzt auch, wir starten unsere Tour und folgen der Handyapp durch die Stadt zur Amper.
Amperfauna
Zunächst begleiten uns zwei schnatternde Enten am Fluss, nur um kurz darauf von ein paar schnatternden alten Damen auf ihrem morgendlichen Fitnessausflug abgelöst zu werden. Letztere haben sicherlich nicht nur die Enten, sondern die komplett in Sichtweite gewesene Amperwiesenfauna in die Flucht geschlagen. Wenn ich so recht überlege, es würde ihnen sicher darüber hinaus noch gelingen einen gewissen, zufällig anwesenden Menschenanteil in die Flucht zu schlagen...
Aber nach einer Weile kehren sie um und wir sind wieder alleine unterwegs. Ich komme stattdessen in den Genuss ungefragt viel über ein aktuelles PC Game meines Sohnes zu lernen, für das er sich extrem begeistert. Es sprudelt nur so aus ihm heraus. So gehen wir eine Weile, bis wir an diese Bank kommen, wo wir beschließen eine Frühstückspause zu machen.
Natürlich habe ich auch heute ein paar Pilgersteine dabei und finde die Stelle geeignet, um hier für nachfolgend pausierende Wanderer einen Stein zu hinterlassen.
Enten schnattern halt gerne am Wasser
Wir ziehen weiter, fast ununterbrochen plätschernd die Amper an unserer Seite.
Bei Günding trennt sie sich dann doch kurzzeitig von uns und entscheidet sich sich in Amperkanal und Amper zu teilen. Aber nun taucht zu unserer Rechten dieser entzückend ausgelassen gurgelnde kleine Nebenarm, der Kaltenbach auf. Wir folgen ihm nur ein kurzes Stück, achten aber gar nicht so genau auf den Weg, denn wir zwei Wandersleute fantasieren uns gerade lustige Gedankenwelten zusammen, haben unseren Spaß, schnattern wahrscheinlich ähnlich den Enten und merken gar nicht wie schnell die Zeit vergeht. Die Wolken haben sich mittlerweile verzogen, die Sonne ist herausgekommen und es ist eigentlich schon zu warm zum wandern geworden.
Schild im Versteck - bald ist es ganz weg!
Wenn man sich meine Komootaufzeichung zu dieser Tour ansieht, erkennt man an einer Stelle einen kleinen Abstecher vom Hauptweg, den wir natürlich freiwillig gemacht haben. Tatsächlich dauert es ein Weilchen bis ich merke, dass wir falsch sind und wir wieder umkehren. Zurück an der Abzweigung, wo wir falsch abgebogen waren, entdecke ich nun im
oberbayrisch wuchernden Dickicht den klitzekleinen, nicht mehr ganz so auffällig leuchtend blauen Muschelhinweis unterhalb des grünen Schildes, das wirklich unvorteilhaft mitten in der Botanik platziert ist.
Aber wir meisten auch diese Herausforderung und kommen kurz darauf an eine Straße, wo zu meiner großes Überraschung dieses unübersehbare Jakobswegschild steht.
Ich freue mich darüber, denn solche Tafeln sind nur rar gesät, habe ich gelernt. Ich schaue mir immer gerne die eingezeichneten Jakobswege auf den Karten an. Diese Tafel hier ist leider nur für eine kleine Zielgruppe von Pilgern angebracht worden, denn der Zubringer zum Münchner JW wird nicht so häufig frequentiert. Ich bin mir deshalb nicht sicher wie sinnvoll diese Investition an genau dieser Stelle war. Die Streckenführung fühlt sich vernachlässigt an. Alternativ zu dem Schild wäre es mir tatsächlich noch lieber gewesen, wenn man auf der Strecke ein paar kleine Camino-Aufkleber gut sichtbar an Masten und Schildern angebracht hätte, das wäre sicher hilfreicher gewesen. Auf jeden Fall erkenne ich eine weitere gute Stelle für einen Pilgerstein.
Nicht lange und wir unterqueren die B 471 durch einen hübschen Tunnel. Dahinter steuern wir schon langsam auf Olching zu.
Aber bevor wir ins Stadtzentrum kommen, müssen wir erst noch das Klärwerk und die Müllverbrennungsanlage des Amperverbands passieren. Da solche Anlagen nie Schönheiten sind, gibt es auch kein Foto. In der Nähe des Klärwerkes befindet sich der Ampersee, samt Campingplatz . Natürlich bedeutet ein Stellplatz am (ziemlich kleinen) Ampersee immer eine schöne Auszeit. Aber bei genauer Betrachtung ist dieser Campingplatz nicht die letzte paradiesische Offenbarung, denn er ist direkt an der geräuschstarken A 8 gelegen. Da muss man sich schon mit dem Vogelgezwitscher aus dem Wecker wecken lassen, wenn man welches hören will.
Ohne, dass ich hier den Platz in Verruf bringen möchte, aber er ist nicht der schönst gelegene Campingplatz in Oberbayern. Dennoch findet er trotzdem genügend Zulauf. Die Betreiber sollen sehr nett sein.
Wir überqueren die A8 und kommen am Gut Graßlfing vorbei. Das gehört zum Olchinger Ortsteil Geiselbullach. Am Kreisverkehr wenden wir uns nach rechts und wechseln nach einhundert Metern die Straßenseite, um gegenüberliegend in einen kleinen Feldweg einzubiegen.
ATTENTION! Tieffliegende Bällchen
Mein Highlight des heutigen Tages :
Nach ein paar Metern begrüßt uns ein Schild mit außergewöhnlichem Text.
Eijeijei.... was heißt das denn? Soll man hier am besten durchsprinten? Klingt auf jeden Fall, als würden hier täglich unschuldige Spaziergänger durch Golfbälle ausgeknockt. Ich frage mich, wo der Unterschied liegt, ob man nun im Stehen oder Gehen von einem hart geschlagenen Golfball getroffen wird. Beides endet sicherlich im Krankenhaus. Und ich frage mich, wer im Falle eines lupenreinen Hole-in-Head wohl dafür haften muss.
Das erinnert mich an eine Begebenheit aus meiner Jugend. Ich war auf Klassenfahrt in Stufe 12 in Irland und eine der nachmittäglich angebotenen Aktivitäten war Golfspielen für Anfänger. Unser Busfahrer war auch mit von der Partie und schon vorausgegangen. Als mir ein erstaunlich weiter, scharfer, aber nicht sehr hoher Abschlag gelang, musste er, nach einem hektisch gebrüllten "Attention!" meinerseits, einen extremen Hechtsprung bäuchlings ins Gras aus der Schusslinie machen, um sich zu retten. Ich habe die Szene als saukomisch in Erinnerung und muss bis heute lachen, wenn ich daran denke.
Natürlich habe ich mich entschuldigt. Und zum Glück hatte es länger nicht geregnet.
Somit bleibt mir einfach zu hoffen, dass solche Golfspieler wie ich heute Spielverbot haben...
Mutig betreten wir den Weg.
Unversehrt erreichen wir gute 20 Minuten später die Hauptstraße von Olching. Hier ist für heute Schluss für Mutter & Sohn. Tapfer hat er sich geschlagen, sogar Spaß gehabt und auch noch was für den blassen Teint getan. Damit sind alle Erwartungen übertroffen worden. Und was gibt es zur Belohnung? Richtig! Ein leckeres Eis für uns beide!
Infos zur Etappe:
Den Pilgerstempel gibt es in der Dachauer Touristeninformation