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Hamburger Pilgermesse: EinTag ist zu kurz

Autorenbild: Pilgern unter einem Hut - Unterwegs mit SandraPilgern unter einem Hut - Unterwegs mit Sandra

Am 8. Februar 2025 öffnete die Pilgermesse ihre Tore bereits zum 17. Mal in Hamburg, der heimlichen Pilgerhauptstadt Deutschlands, und empfing Hunderte glückliche Besucher. Ich war auch dort, samt eigenen Stand, und habe Erfahrungen gesammelt.


Das größte Pilgertreffen in Deutschland
Das größte Pilgertreffen in Deutschland

Erste Eindrücke


Ich bin gespannt, was mich erwarten wird, als ich am späten Nachmittag des Vortages, einen schweren, schwarzen Koffer hinter mir herziehend, durch die Speicherstadt Richtung Veranstaltungsort gehe. Bücher und Pilgersteine! Keine leichte Kombination zum transportieren quer durch die Republik.

1000 km Anreise von München liegen bereits hinter mir, vom Süden in den Norden unseres Landes. St. Katharinen ist mein Ziel, ich sehe den Kirchturm unmittelbar vor mir. Dort findet sie statt, die größte Veranstaltung für PilgerInnen in ganz Deutschland, die am Samstagmorgen um 11 Uhr öffnen wird für alte Pilgerhasen und solche, die mal alte Pilgerhasen werden wollen. Denn, wen das Pilgerfieber einmal packt - den schüttelt es immer wieder. Heiß und unberechenbar.

Ich bin zwar pilgererfahren, nehme aber das erste Mal an diesem Event teil, und zwar als Ausstellerin. Neugierig öffne ich die massive Kirchentür und stehe vor einer weiteren, diesmal gläsernen, aber schwer vergitterten Tür. Bin ich hier überhaupt richtig? Sieht verschlossen aus. Aber der erste Eindruck täuscht. Im Innern bewegen sich Menschen. Menschen, die den selben Plan haben wie ich: Ihren Stand rund um das Thema Pilgern aufzubauen und für Samstag vorzubereiten. Außerdem Leute mit Namenschildern, die zum Organisationsteam gehören und für einen reibungslosen Ablauf sorgen wollen. Und nicht nur hier. Weil die Hauptkirche St. Jakobi momentan wegen erforderlicher Reparaturen schwächelt, findet die Messe in diesem Jahr an zwei unterschiedlichen Standorten statt: In St. Katharinen und in St. Petri, was dazu führt, dass die Besucher zwischen den Kirchen die 700 Meter hin und her pilgern müssen, um alle Stände zu sehen. Das sollte für pilgeraffine Menschen keine Distanz und schon gar kein Hindernis sein. Und trotzdem. Ich erwische auch meinen Schweinehund bei dem Gedanken, dass es ja schon ein wenig lästig ist.


Die "Hamburgela" - Pilgerpass mit Ausstellerstempeln
Die "Hamburgela" - Pilgerpass mit Ausstellerstempeln

Die Hamburgela statt der Compostela


Was ich eine sehr geniale Idee finde, um dem Konzept der Faulheit entgegenzuwirken: Es gibt für jeden, der möchte, einen Pilgerpass, der acht freie Stempelfelder enthält. Die Stempel kann man sich bei vielen der insgesamt 66 Ausstellern geben lassen. Vier Felder für Stempel in St. Katharinen, vier für St. Petri. Das soll den Anreiz steigern, um beide Orte zu besuchen. Und wer durch Hamburg gepilgert ist und den Pass voll hat, der bekommt statt der Compostela die Hamburgela: in Gestalt einer freien Tasse Kaffee. Oder Tee.

Nach einer freundlichen Begrüßung werde ich eingewiesen: "Tisch Nr. 24 ganz am Ende des Chores." 24. Ich mag die Nummer, denn andersrum wäre es die 42. Und das ist nicht nur meine Schuhgröße, sondern bekanntlich die universelle Antwort auf alles. Ob ich am Samstag auf alles, was mir begegnet eine Antwort haben werde, werde ich dann herausfinden. Ich packe meine Bücher, Pilgersteine, meinen Muschelstempel und ein wenig Infomaterial der Augsburger Jakobuspilgergemeinschaft aus. Zwei Musterpilgerpässe habe ich zur Ansicht dabei. Die Pässe können bei Bedarf auf der Homepage des Vereins bestellt werden.


Mein Messestand vor Beginn
Mein Messestand vor Beginn

Nach dem Aufbau treffen sich alle Aussteller, die Hunger haben im Restaurant "Einstein". Das sind viele. Claudia, die Ansprechpartnerin, hat dort für 100 Leute Tische reserviert und es heißt: zusammenrücken. Es wird ein sehr schöner Abend zwischen vielen Gleichgesinnten und wie so häufig beim Pilgern erlebt - man lernt wie von selbst fremde Menschen kennen, knüpft Kontakte, tauscht sich aus. Als ich im Vorfeld das Ausstellerverzeichnis zugeschickt bekam, war ich überrascht gewesen zu lesen, dass nicht nur Deutsche, sondern auch Schweizer, Österreicher, Holländer, Dänen, Engländer, Schweden und Norweger nach Hamburg kommen. Ich sitze mit einer norwegischen Delegation am Tisch, die ihr Pilgerzentrum vorstellen. Mein linker Nachbar Christian, ein Deutscher dessen Mutter Schwedin ist, spricht fließend Schwedisch mit ihnen. Er behauptet Schwedisch und Norwegisch liegen näher zusammen als Hochdeutsch und Schwäbisch. Nun. Das mag ich nicht in Frage stellen. Aber natürlich sprechen die Damen auch Englisch. Und ein bisschen Deutsch.

Beim Zahlen bin ich angenehm überrascht, dass die Gastronomiepreise noch nicht das Münchner Niveau erreicht haben. Ich trete auf die Straße der mir fremden Stadt. Im Dunkeln sieht Hamburg ganz anders aus. Ich bin etwas desorientiert. Dank Googlemaps finde ich sogar mein Hotel wieder.


Kirchturm St. Katharinen
Kirchturm St. Katharinen

Großartige Atmosphäre mit Pilgerfeeling!


Mein zweiter Vorname war schon immer "blauäugig" und der war äußerst weise gewählt, denn ich hatte mal wieder keine Ahnung, was an diesem Samstagmorgen auf mich zukommen würde.

Am Sternpilgern, das schon früh beginnt, nehme ich nicht teil. Stattdessen an einem gemütlichen Frühstück mit Tee und Brötchen. Gegen 10 Uhr finde ich mich an meinem Stand ein und bin überrascht, wieviel schon los ist. Gab doch noch jede Menge Zeit bis zur Eröffnung um 11 Uhr mit dem Gottesdienst! Aber St. Katharinen ist längst zu einem Ort der Begegnung geworden. Es wird bereits hinter den Ständen beraten, zugehört, informiert, tiefe Gespräche geführt und sich ausgetauscht. Mit der Messe kehrt dann noch einmal Ruhe ein. Genau. Die vor dem Sturm.


Pilgerstände vor Eröffnung
Pilgerstände vor Eröffnung

Im Anschluss an die offizielle Eröffnung erobern die Besucher die Stände. Ich hatte mir vorgenommen noch ein paar Fotos und Kurzvideos während der folgenden Stunden aufzunehmen, um die Atmosphäre zu dokumentieren, mir auch die Stände in St. Petri anzuschauen. Zumindest aber die in meiner näheren Umgebung. Ich wollte gerne Marcus und Theresa, die ich bereits vom letzten Jahr vom Nürnberger Pilgerforum kannte und die mit ihrem großartigen Camino Podcast erneut vor Ort sind, zumindest ein "Hallo" zurufen. Ich wollte am Stand der Pilgerherberge St. Gallen einen schweizerischen Pilgerpass für meinen nächsten Camino ab Genf kaufen, für eine andere Pilgerfreundin einen Pass für den norwegischen Olavsweg. Ich wollte mir beim deutschen Olaf die Standpräsentation seines zur Pilgerherberge umgebauten Heubodens an der Via Baltica anschauen... Ich wollte ...




Das war mein Ursprungsplan, aber dazu kommt es nicht. Ich verlasse meinen Stand bis zum Schluss nicht mehr, geschweige denn, dass ich dazu gekommen wäre mir etwas aus dem Vortragsprogramm anzuhören, das parallel an beiden Orten angeboten wird. Der Ansturm bricht wellenartig über mich herein und ich habe gar keine Chance mich allen Anliegen und Leuten in ausreichender Form zu widmen. Ich gebe mein Bestes und versuche nicht erschreckt auszusehen, wenn ich Menschen, die mich kennen nicht auf Anhieb wiedererkenne (man, bin ich schlecht darin geworden). Ich signiere mit Freude meine Bücher, erzähle oft die Idee der "pilgernden Steine", stelle fest, dass diese bunten Steine sich immer größerer Bekanntheit erfreuen. Ich stempele viele Pilgerpässe, berate über den Bayrisch-Schwäbischen Jakobsweg, teile Camino Francés Erfahrungen, spreche viel Mut zu, empfehle Jimmy's Youtube Kanal, versuche mir alle Namen zu merken und spüre ab und zu Gänsehaut. Empathie und Begeisterung sowieso. Irgendwann kommt sogar Sascha vorbei, der sich mit seinem Kinofilm "Almar" genau so einen großen Herzenswunsch erfüllt hat wie ich mit meinem Buch "Komm mit mir nach Santiago".

Glücklicherweise kann ich Pilgerfreundin Heidi rechtzeitig bitten mir von ihrem Gang nach St. Petri die gewünschten Pilgerpässe mitzubringen. Dann packe ich meinen schwarzen Koffer wieder ein, der zum Glück nur noch halb so schwer ist wie gestern, und Michi rollert ihn für mich durch Hamburg in ein uriges Restaurant, wo wir zu viert, zusammen mit seiner Frau Betti und Heidi ein kleines Santiago-Revival feiern. Die Münchnerin Heidi, und die Hamburger Betti und Michi kennen sich bisher nicht, aber es endet damit, dass sie sich gegenseitig einladen, falls man mal eine Pilgerübernachtung am Rand der Republik braucht. So sind sie. Die Pilger. Geben gerne etwas von der Gastfreundschaft zurück, die sie selbst unterwegs erfahren durften.


Die Frau unterm Pilgerhut
Die Frau unterm Pilgerhut

Fazit:


Total aufregend! Ich bin immer noch beseelt von den Erfahrungen! Es waren so viele pilgerbegeisterte Leute in Hamburg. Neue, die ich kennenlernen durfte und auch schon bekannte Gesichter - darunter Menschen, die ich lange nicht gesehen hatte - das letzte Mal in Santiago vor drei Jahren.

Kurz vor Schluss kam jemand vom Orgateam vorbei, um die Feedbackbögen einzusammeln. Meiner war voll des Lobes. Mir ist nichts eingefallen, was man für das nächste Jahr optimieren könnte.

Aber ich hätte schreiben sollen: "Nur zu kurz!"

Für mich war es einfach nur zu kurz. Ansonsten großartig.




Danke Hamburg - I'll be back next year. Und dann werde ich vorbereitet sein! Vielleicht suche ich mir eine Standbegleitung. Denn ich habe mir fest vorgenommen mich dann auch um die anderen Stände zu kümmern! Es gibt noch so viel zu entdecken und zu pilgern. Nicht nur durch Hamburg.



 

Save the date: Die Hamburger Pilgermesse findet im nächsten Jahr am 21.02.2026 statt.


 






תגובה אחת


Brigitte
15 בפבר׳

Liebe Sandra

Was für ein großartiger Bericht! Du nimmst mich (u bestimmt andere auch ☺️) mal wieder mit an einen neuen Ort wo sich Pilger einfach treffen und verstehen....... Vllt komme ich ja doch mal mit? Lg Brigitte

לייק

Die Frau (unterm) Pilgerhut:

Kopie von 20220422_192619_edited_edited.jpg

Autorin | Pilgerin | Pilgersteinmalerin | Hobbyfotografin |

3 Jakobswege = 1300 km

Buen Camino!

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